Der Hühnerbauer Klaus-Uwe zieht sich seine dicke Jacke über
und zwängt sich in seine Gummistiefel. „Gell Klaus-Uwe, holst mir zwei schöne
Hähne für den morgigen Feiertag?!“ Gudrun, seine Frau, steht in der Küche und
bereitet das Abendessen vor. Draußen herrscht ein ungemütliches, düsteres
Herbstwetter. Es ist stürmisch und nieselt. Klaus-Uwe schlurft schwerfällig
über seinen Hof und steuert seinen Hühnerstall an. Die Hühner erstarren
augenblicklich zu Stein vor Angst. Klaus-Uwe zögert nicht lange und greift sich
zwei Junghähne. Sie versuchen laut zu schreien, es kommt allerdings nur ein
ersticktes Krächzen zum Vorschein. Mit den beiden verlässt er den Stall und
geht rüber in seine Scheune. Dort schlägt er beiden den Kopf ab! Er stülpt sie
kopfüber in einen Eimer und nach kurzem Zappeln hängt er sie in der Scheune an
Fleischerhaken auf. Anschliessend geht er wieder rüber ins Haus.
Die Hühner sitzen mit angsterfüllt, weit aufgerissenen Augen
am Fenster ihres Stalls und verfolgen das Szenario. Sehen können sie allerdings
nur den Rücken ihres Bauern.
„Schon wieder zwei von uns!“
„Ja, es ist schrecklich!!“
„Warum können wir nicht fliehen?“
„Wir kommen hier nirgends raus!“
„Wir haben es ja auch noch nie probiert?“
Sie diskutieren weiter über das Pro und Contra einer Flucht
bis sie zu müde werden.
Am nächsten Tag geht der Züchter rüber in seine Scheune, um
die geschlachteten Hähne zu holen. Aber sie sind weg!! Spurlos verschwunden!
Genervt geht er zum Haus, wo seine Frau gerade im Begriff ist, die Eingangstür
mit Kürbissen und Spinnennetzen zu schmücken. „Das gibt’s doch gar nicht! Die
Hähne sind weg! Bestimmt wieder dieser blöde Waschbär!“
„Unverschämtes Viech! Dann müssen wir halt die zwei Hähne
von letzter Woche aus der Tiefkühltruhe auftauen!“ Gudrun geht ins Haus, in den
Keller zur Tiefkühltruhe. Sie öffnet die Klappe. Vor Schreck erstarrt sie. Auch
die eingefrorenen Hähne sind weg! Aufgeregt rennt sie nach oben zu ihrem Mann.
„Klaus-Uwe? Hast Du die Hähne schon aus der Tiefkühltruhe rausgeholt?“
Klaus-Uwe antwortet verwundert: „Nein, das wolltest Du doch
machen?“ Gudrun stammelt atemlos: „Sie sind weg!“
„Das kann doch gar nicht sein?!“ Ruft er verwundert aus und
überzeugt sich mit einem Gang in den Keller selbst davon. Auch er kann sie
nirgends finden.
„Dann gehen wir nachher halt Essen!“ ruft Gudrun von oben
herunter. In seinen Bart grummelnd stimmt er ihr widerstrebend zu.
Es dämmert. Die Hühner gehen vom Auslauf zurück in ihren
Stall, Klaus-Uwe und Gudrun sind fertig, verlassen das Haus um Essen zu gehen.
Es wird dunkel. Die Hühner kuscheln sich auf ihre Stangen aneinander um dann
einzuschlafen. Plötzlich hören sie ein Scharren außen an der Tür. „Macht
aaaaaauuuuf!“ kommt es von draußen mit einer merkwürdig, heiseren Stimme. Keine
der Hühner rührt sich. Zögerlich ergreift die Chefhenne das Wort.
„Wer ist da?“
„Na wiiiiir! Eure totgeglaubten Gefääährten...“
Vorsichtig geht die Henne zur Tür und öffnet sie einen
Spalt. Ein gellender Schrei durchdringt den Stall, die Tür schwingt auf und
herein kommen vier Zombiehähne! Zwei von ihnen sind nackt, mit Eiskristallen
übersäht. Die anderen beiden (vom Vortag) sind noch mit Blut verklebt. Alle
vier tragen ihre Köpfe unter den Flügeln.
„Haissaaa, Mädels!! It’s Partytime!!“
Die Hennen flattern wild durcheinander, es entsteht
augenblicklich ein Riesenchaos. Manche von ihnen rennen raus ins Gehege gegen
den Gehegedraht. Sie sind augenblicklich tot. Andere sind mit Herzinfarkt von
der Stange gefallen. Wieder andere sind vom obersten Brett auf den Boden
geknallt und haben sich sämtliche Gliedmaßen gebrochen. Knochen stehen raus,
Blut fließt überall, ein Huhn hat sich den Hals gebrochen, es guckt jetzt nach
hinten anstatt nach vorne. Überall fliegen Federn herum, die mit dem Blut
verkleben und an den im Todeskampf zuckenden Körpern kleben bleiben. Irgendwann
hört auch das letzte Huhn auf zu zappeln. Gespenstige Stille macht sich breit.
Der Staub und die herum fliegenden Federn legen sich.
Die vier geköpften Hähne grinsen sich an. „Come on Mädels! Heute ist Halloween! It’s
purge-Night! Alles ist erlaubt!!“
Auf einmal bewegt sich das ein oder andere totgeglaubte
Huhn. Erst nur mit einer Muskelfaser, dann mit weiteren Gliedmaßen, oder mit
dem was noch übrig ist. Mit langsamen, schleppenden Bewegungen kommen sie auf
die vier geköpften Hähne zu gewankt.
„Purge-Night?? Geht das auch auf Deutsch? Kerl, ich bin ein
deutsches Reichshuhn“, sagt das deutsche Reichshuhn. „Geht mir net anders“,
sagt das steirische Huhn. „Ach nee, mio Dio!“ krächzt die Italienerin. Die Ayam
Cemani Dame sagt nichts, dreht sich langsam um. Ihre Augen glühen in der
Dunkelheit! Alle kommen langsam mit düsteren, feurigen Blicken auf die vier
Kopflosen zu getaumelt.
Einer der Kühltruhen Hähne holt eine Musikbox unter seinem
Flügel hervor. „Tanzt, bis sich die Balken biegen!!“ Laut ertönt „Thriller“ von
Michael Jackson aus der Box. Die Zombie Hühner beginnen zu zucken, dann
synchron zu tanzen. Der Tanz wird wilder, es fliegen die Federn, das Blut
spritzt, Eier werden geworfen. Draußen vor der Tür liegen sich ein paar
Zombiehühner in den Flügel-Armen, schwer angetrunken, im anderen Flügel eine
halb geleerte Flasche Eierlikör. „Geile Party!“ „Das kannste laut sagen!“
Selbst die Spinnen, manche mit nur noch 5 oder 4 Beinen, und diverse Miiiilben teils
kopflos, alle gluhtrot tanzen wild mit.
Gegen Mitternacht kommen Gudrun und Klaus-Uwe von ihrem
Abendessen nach Hause. Merkwürdige Geräusche kommen aus dem Hühnerstall.
Klaus-Uwe schließt seiner Frau die Tür auf. „Ich geh nochmal eben rüber zum
Hühnerstall und sehe nach dem Rechten!“
Gudrun geht direkt ins Haus und schaltet das Licht an. Auf
dem Flur findet sie Federn, die in unregelmäßigen Abständen zur Kellertür
verteilt liegen. Misstrauisch öffnet sie die Tür und geht die Kellertreppe
herunter. Vor der Kühltruhe liegt ebenfalls eine Feder. Vor Angst starr hält
sie die Luft an und öffnet langsam die Kühltruhe! Ein Schrei des Entsetzens
durchzieht den Keller. Gudrun fällt rücklings auf den Kellerboden, knallt mit
dem Kopf gegen die Regalkante und bricht sich das Genick! In der Kühltruhe
liegen die beiden geköpften Hähne vom Vortag! Mit ihren grinsenden Köpfen auf
der einen Seite und einer Leeren Flasche Eierlikör auf der anderen Seite in den
Flügelarmen!
Klaus-Uwe schlurft langsam rüber zum Hühnerstall und öffnet
die Tür. Im Dunklen erkennt er kaum etwas, alles ruhig denkt er sich und
schließt die Tür wieder. „Aber woher kamen denn dann die Geräusche?“ murmelt er
mehr zu sich selbst während er die Scheune nebenan ansteuert. Er öffnet das
Scheunentor und sucht umständlich nach dem Lichtschalter. Im Dunklen noch hört
er das Quietschen einer schwingenden Eisenkette. Das Licht geht an. Vor
Entsetzen erblickt er die beiden nackten Hähne aus der Tiefkühltruhe: sie
hängen kopflos und -über an dem Fleischerhaken, an dem er Tags zuvor die beiden
anderen Hähne aufgehängt hatte. Unter dem einen Flügel halten Sie ihre Köpfe
und einer hält die Musikbox. Die Köpfe grinsen bösartig und ihre Augen leuchten
glutrot. Der Bauer taumelt nach hinten, stolpert über eine Mistgabel und knallt
rücklings zu Boden. Der Stil der Mistgabel fällt in hohem Bogen auf den
herausstehen Stil der Axt, die der Bauer am Vortag auf den Arbeitstisch neben
den Hackklotz gelegt hat. Die Axt wird nach oben in die Luft geschleudert und
landet direkt auf der Stirn von Klaus-Uwe, wodurch sein Gesicht gespalten wird.
Eine halbe Stunde später ertönt wieder wilde Partymusik aus
dem Stall! Ein Nachbar vom Hühnerbauern kommt herüber und klopft an die
Stalltür. Klaus-Uwe und Gudrun öffnen die Tür. Nach dem ersten Schreck über ihr
Aussehen lacht er verlegen: „Haha, coole Verkleidung Gudrun und Klaus-Uwe!
Feiert ihr hier ne Halloween-Party?“
„Komm reeeeiiiiin, lieber Nachbar! Spontane Partys sind die
besten Partys!" Klaus-Uwe tut überfreundlich und lässt ihn an sich vorbei
in den Stall herein kommen. Gudrun und Klaus-Bärbel grinsen hinterlistig mit
glühenden, roten Augen, sehen sich nach rechts und links draußen um und
schließen die Stalltür. Im Hineingehen erkennt man eine lange Machete in
Klaus-Uwes Hand auf dem Rücken....
🎶„Cause this is Thriiiiiiller, Thriller night,
and no one‘s gonna save you from the beast about to strike....“🎶
Happy Halloween allerseits🎃👻
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