Ich hocke an einem sonnigen Abend nach der Arbeit wieder ein
wenig bei Uwe auf seiner Hühnerbank herum auf einen Klönschnack. Plötzlich
steht er auf und meint: „Nimm ma eine ordentliche Frau für Obi mit! Ich hab
hier eine, die ist erst vom September, aber hat viel zu viele „weiße Perlen“.
(Anm. für Nicht-Hühner-Profis: seine federfüssigen Zwerghühner sind vom
Farbschlag porzellanfarbig und „Perlen“ sind weiße Federspitzen, die sich über
das gesamte Huhn verteilen) Für die Zucht nich so erwünscht.“ Die Hennen der
federfüssigen Zwerghühner sind noch kleiner als die Hähne und ich sehe mich im
Geiste schon auf den Knien am Zaun in meinem Garten herumrutschen, um jedes der
Flüchtlingstiefbaulöcher der Doofnasen mit Beton zu versiegeln. „Ähh, ne lass
ma, ich will doch noch den Brüter anschmeißen und hab doch nicht soviel Platz
und….“ In der Dämmerung fahre ich mit dem legendären Baumarktkarton aka Hahn
Obis damaliges Transportbehältnis und einer äußerst zickigen Federfußdame namens
„Schneewittchen“ nach Hause.
Schneewittchen: „Kwäääääääk, Kreiiiiiisch, fass mich nicht
an!!!!“
Ich: „Himmel! Halt den Sabbel, Du weckst ja die ganzen
Doofnasen auf!“
Elfriede, völlig verpennt: „Was machst Du denn hier für
einen Lärm, Chrissi?“
Emma: „Is mitten in der Nacht!“
Schneewittchen kreischt: „Freeeechheit, Kwääääääk, ekelhaft,
ich hasse es, wenn man mich anfasst, ich kenne Dich ja gar nicht und überhaupt,
ist das dunkel hier….!“
Ich: „Sorry Leute, ich bin das ja gar nicht. Ihr bekommt
Gesellschaft!“
Mathilda gähnt: „Wä? Wozu?“
Ich: „Naja gut, Ihr eher nicht, eher ein neues Frauchen für
Obi!“
Schneewittchen: „Kreiiiiisch, kwääääk, kräääääääk……“
Obi mit geschlossenen Augen: „War was?“
Irgendwann finde ich im Dunklen die Stange neben Obi und
setze den Schreihals einfach mit Nachdruck drauf. Glücklicherweise hört sie
daraufhin auf mit dem Gekreische. Ich bin mindestens genauso platt wie die
Doofnasen, schließe nur noch die Tür und gehe selber ins Bett.
Am nächsten Morgen gehe ich raus zu den Doofnasen. Alle sind
draußen und mosern herum, warum das Frühstück noch nicht an Ort und Stelle
steht. Alles also wie immer. Die Einzige, die ich nicht sehe, ist
Schneewittchen. Sie hockt noch im Stall und wundert sich. Ich öffne die Tür und
erkläre ihr, dass ich da gleich rein muss, um sauber zu machen. Kaum sieht sie
mich, geht das Gekreische wieder los. Neben mir lungert Obi noch sehr
verschlafen herum, ohne rechte Meinung und starrt ins Leere. Aber kaum hört er
das Gekreische der holden Maid, scheint ein Schalter um zuklappen, er richtet
sich auf, guckt hektisch suchend in der Gegend herum und versucht, diese
verlockenden Töne zu orten. Er stratzt schnurstracks Richtung Hühnerklappe und
hopst in den Stall. Und da erblickt er sie! Die kreischende Schönheit löst in
ihm eine spontane Testosteronausschüttung aus. Sämtliche Synapsen tanzen Tango
und seine Augen wirbeln wie kleine Kreisel. Seine Schwanzfedern stehen
senkrecht und vibrieren, er fängt an zu sabbern und springt mit einem galanten
Satz zu dem Schreihals auf die Stange.
Obi: „Ooooohh, uuuuhhhhh, wen haben wir denn hier? Herzlich
willkommen Du Hübsche!“
Schneewittchen kreischt: „Ääääh, lass mich! Geh weg, ich
kenn Dich nicht!“
Obi: „Ach komm, Du willst es doch auch, ich kann es
spüüüren! Ich bin der Geilste hier!“
Schneewittchen: „Hiiilfe, lass mich, geh weg, obwohl,
schicke Schwanzfedern…nein, kreisch, kwääääk….“
Bei Obi schwappt der Liebesrausch bereits zur Oberkante bis
in die Augen, er fackelt nicht lange und zwingt die kleine Perle noch im Stall
zu ihrem Glück! Unter lautem Gekreische versucht sie sich gegen die Romanzen zu
wehren. Romanzen ist noch harmlos ausgedrückt, Vergewaltigung passt eher.
Panisch findet sie die Hühnertür und flieht nach draußen. Die Doofnasen und ich
stehen vor dem Stall und zusammen brillieren wir im Synchron-Bauklötze-Staunen.
Bis Schneewittchen den Ausgang aus der Voliere findet. Das scheint die
Initialzündung zu sein und die Doofnasen rennen wie auf ein unsichtbares
Kommando los. Die arme Miniaturausgabe eines Huhns flitzt von einer Seite zur
anderen und wird neugierig beäugt und verfolgt. Elfriede pickt einmal drauf,
verliert aber recht schnell das Interesse. Eine Doofnase nach der anderen pickt
einmal drauf und wendet sich dann ab. Hat Schneewittchen etwa einen bitteren Geschmack
auf den Federn? Zickig und selbstbewusst genug ist sie jedenfalls, um sich zu
behaupten.
Nach 3 Minuten ist das Spektakel auch wieder vorbei.
Lediglich der liebestolle Obi weicht ihr keine Sekunde von der Seite.
Elfriede: „Was sollen wir denn mit der?“
Ich: „Nix!
Ingrid: „Die ist voll langweilig und kreischt ja nur rum!“
Ich: „Hast recht!“
Mathilda: „Guck Dir den bekloppten Gockel an! Dem schwirrt
heute Abend der Bürzel, wenn der heute den ganzen Tag so weiter macht…“
Charly: „Aber echt! Lächerlich! Hahaha!“
Mathilda: „Ok, was ist jetzt mit dem Frühstück?“
Ich verbringe den restlichen Tag am Fenster und lache mir
einen über das verliebte Gezappel draußen im Hühnergarten. Nachmittags gehe ich
mal kurz raus und fülle Futter auf. Im Carport hinter einem Brett sehe ich eine
Art Kieselstein und frage mich, was zum Teufel die Kinder da schon wieder
hingeworfen haben. Bei näherem Betrachten stelle ich fest, dass Schneewittchen
dort ein Ei hingelegt hat. Abends hocke ich wieder mal bei Uwe auf der Hühnerbank
und erzähle ihm von dem ereignisreichen Hühnertag.
Uwe: „Sach ma, hast Du noch Platz in Deinem Brüter?“
Ich misstrauisch: „Ja?“ Eigentlich meine ich „Nein!“.
Uwe: „Nimm noch ma zwei Eier mit, dann kannste die da noch
mit reinpacken und das ausm Carport!“
Fazit: Obi genießt die Zeit seines Lebens! Endlich was
Passendes in seiner Größe! Ein besseres Hühner-TV-Wochenendprogramm am eigenen
Fenster zum Becher Café kann man sich kaum wünschen. Obwohl….ist das überhaupt
jugendfrei, grins?
PS1: Völlig ungeplant liegen zusätzlich drei kleinen
Minieier im Brüter. Warum kann ich eigentlich nie nein sagen?
PS2: Schneewittchen, Ingrid und Obi sind inzwischen eine
kleine enge Liebesbande! Flotter Doofnasen-Dreier!
PS3: Wenn das eine Carport-Ei was wird, wird das „Baby“ von
Obi und Schneewittchen natürlich behalten! Obwohl ich ja eigentlich nicht auf
Zwerghühner stehe. Eigentlich. Aber es kommt immer anders und zweitens als man
denkt….
Eine verliebte Woche allerseits❤️!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Mit dem Absenden eines Kommentars bestätigst du, die Datenschutzerklärung zur Kenntnis genommen zu haben.