Die Doofnasen haben hier bei uns ihren eigenen, eingezäunten
Gartenbereich. Darin steht ein ehemaliges Gartenhaus, von mir repariert und
innen hühnergerecht zurecht gepfuscht, davor eine kleine, teilüberdachte,
planlos gezimmerte Voliere für Sicherheitsfälle, Stallpflicht, etc. Oder als
Gefängnisstrafe. Für besonders freche Doofnasen. Oder noch frechere Kinder?
Wir hocken am Frühstückstisch, draußen herrscht regnerisches
Wetter, wie eigentlich seit Tagen. Ich gucke aus dem Fenster und erkenne ein
mir äußerst bekanntes gesperbertes Huhn im Garten. Im Nachbargarten. Prompt
kommt von „Modell Ehegatte“: „Guck mal Chrissi, eins von DEINEN Hühnern ist mal
wieder stiften gegangen.“ Ich weiß nicht genau was mich am meisten daran
ärgert. Dass die Betonung vorwurfsvoll auf DEIN Huhn liegt? Dass besagte
Doofnase frecher weise wieder im (deutlich gepflegteren) Nachbargarten
herumlungert? Oder dass es regnet? Genervt bewaffne ich mich mit Würmchen und
Gartentorschlüssel und stapfe nach draußen. „Misses“ Charly tut völlig
überrascht mich zu sehen. „Hilfe Chrissi, ich bin hier urplötzlich hinter den
Zaun geraten in fremde Welten und weiß überhaupt nicht, wie ich rüber kommen
soll?“ Ich öffne die Gartentür und sie flitzt augenblicklich hindurch und
bettelt mich um Würmchen an. Mäßig erfreut werfe ich ein paar Würmchen hin und
ermahne sie, in Zukunft auf unserer Seite zu bleiben. Und überhaupt, wie ist
sie eigentlich da rüber gekommen?
Später hocken wir gemütlich auf dem Sofa. Tochter2 kommt
runter: „Mama, DEINE Hühner sind drüben bei „Nachbar links“!“ Ich :“Hä?? Na
toll, wie sind die da denn nun wieder hingekommen?“ Ich gehe ans große Fenster
und sehe wieder zwei Sperberdamen, die vorwitzig im Gebüsch der werten
Nachbarschaft herum scharren. Wutentbrannt stapfe ich wieder raus in den Regen
und versuche die beiden Flitzpiepen heranzulocken. Das Schwierige an dieser
Seite des Grundstückes ist, dass dort eine über einen Meter hohe L-Traverse als
Grenze dient, um Höhenunterschiede der Grundstücke auszugleichen. Da können die
Damen zwar herunter hopsen, aber nicht wieder rauf zurück. Also klettere ich
durch pieksiges Gestrüpp runter ins Nachbargrundstück, schauspielere ihnen
einen feudalen, attraktiven Hahn vor und kraule ihnen den Rücken, um sie auf
den Arm zu nehmen, erklimme mit je einer Doofnase links und rechts
halsbrecherisch die L-Traverse im Matsch der Beete, rutsche beinahe aus,
schaffe es aber irgendwie und trage sie zurück in ihren Bereich. Unweigerlich
kommt mir das bekannte Bild von Loriot vor mein geistiges Auge mit seinen
beiden Möpsen auf dem Arm. Ich entdecke, dass der Wind wieder das Absperrnetz
verweht hat und sie dadurch ein Schlupfloch gefunden haben. Schnell wieder
zugewurschtelt. Verdreckt und übellaunig ziehe ich mich drinnen um und fahre
einkaufen.
Nach dem Einkauf fahre ich schwungvoll unsere Auffahrt
hoch…..und bremse in letzter Sekunde ab. Ich glaube, ich träume! Da turnen mal
wieder zwei Sperberinnen auf der Auffahrt und auf dem „Nachbargrundstück vorne“
herum. Sie erschrecken sich durch das böse, große, schwarze Auto dermaßen, dass
sie fluchtartig Richtung „Nachbargrundstück rechts“ flattern. Und mit
Vollkaracho frontal gegen den Zaun. Ich halte kurz inne und frage mich, wie
genau die Hirnfunktion bei Hühnern zu deuten ist und ob das Areal der Vernunft,
sofern vorhanden, in manchen Momenten abgeschaltet wird? Mir fällt allerdings
ein, dass Pferde auf der Flucht auch nur noch instinktgesteuert und
hirnabgeschaltet sind und im Zweifelsfall direkt ungebremst gegen eine Mauer
rennen würden. Nichts mit „oh, da vorne kommt eine Mauer, ich bremse mal ab, da
könnte ich mir sonst das Genick brechen!“ Nix, einfach gegen rennen, man kann
ja als Pferd auch bestimmt durch rennen?“ Oder im Falle der Doofnasen; „Hee
stooop Charly, da ist ein Zaun, die Maschen sind dann doch zu klein, als dass
wir da durch fliegen können….“.
Hämisch grinsend juckt es mich einen Bruchteil einer Sekunde
in den Fingern und ich lasse den Motor aufheulen: „Hehehe, sooo Ihr Fieslinge,
jetzt seid ihr dran!“ Panisch rennen sie am Zaun entlang hoch Richtung Carport
unter meine alte Diesel-Lady. Ich parke das böse, schwarze Auto, steige aus und
öffne ihnen den Zaun im Carport zu ihrem Bereich.
Charly: „Chrissi, fast hätte uns das große Monster
gefressen, das war so schrecklich!“
Klecki: „ Hast Du uns was Essbares mitgebracht??“
Ärgerlich schnauze ich sie an: „ Ich glaube ich höre nicht
richtig? Das ist heute schon das vierte Mal, dass Ihr zwei Tanten hier draußen
rum rennt! Wollt Ihr unbedingt überfahren werden?“
„Gok, bok, bok, piep, piep, zirp, zirp…. “
Sich einschleimen? Können sie!
Abends hänge ich wieder mal völlig ermattet vom Nichtstun
auf der Couch herum, während Tochter2 anbietet, den Stall zu schließen. Nach 2
Minuten kommt sie wieder rein und meint: „ Also ich will ja nix sagen, aber da
fehlen zwei Hühner!“ Mich trifft augenblicklich ein kleiner, unsichtbarer
Stromschlag, ich springe auf und sehe selber nach. Und in der Tat, das Sperber
Duo fehlt. Eigentlich, meint mein Teufel auf der linken Schulter, könnte man
sie zur Strafe ja draußen lassen. Da wollen sie ja offensichtlich heute
unbedingt bleiben. Andererseits, zittert mein besorgter Engel auf der rechten,
drohen ihnen da so viele Gefahren, das ist absolut ausgeschlossen, wir müssen
sie unbedingt finden. Selbstverständlich gewinnt er.
Es regnet (was sonst), wir bewaffnen uns mit Taschenlampen
und suchen erst einmal den Doofnasengarten ab. Gibt auch dort mehrere Stellen,
wo man als Huhn in einer Falle stecken könnte, wenn man komplett verblödet ist.
Durch Zufall entdecke ich Klecki zitternd und völlig durchnässt hinter dem Zaun
zu „Nachbargrundstück links“. Immerhin noch oberhalb der L-Traverse. Ich baue
den Zaun kurzerhand ab und nehme die kleine Schißbüx auf den Arm. Erleichtert
guckt sie mich an. Ich trage sie in den Stall, wo die anderen völlig fragend
unser Treiben von ihrem Kackbett…..äh….Kackbrett beobachten. Klecki hockt auf
der Stange und fängt an sich zu putzen. Vermutlich „lutscht“ sie sich eher ab,
als dass man das Putzen nennen kann, so nass ist die.
Wir suchen weiter, stapfen auf Nachbars Grundstück herum und
leuchten mit Taschenlampen unter jeden Busch, in den Kellerabgang, in den
Teich. Ich warte buchstäblich darauf, dass jede Minute ein Streifenwagen mit
Blaulicht und Martinshorn vorfährt und bewaffnete SEK-Kräfte raus springen um
uns zu stellen:“ Heee, Sie da, Hände hoch! Was treiben Sie da!! Waffe fallen
lassen, aber dalli!“ Ich: „Tochter2, klingel doch mal bitte bei Nachbar E&H
und sag denen Bescheid, dass nur wir das sind.“ Kurz darauf rennen die Nachbarn
ebenfalls im Gelände herum und suchen die vermisste Sperber-Doofnase. Mit einer
extra-hell-Taschenlampe leuchtet Nachbar E beim nächsten Nachbarn ins
Grundstück. Wilde Vögel vermuten fast, die Nacht sei vorbei, so hell ist das.
Egal wo wir hin leuchten, nix zu finden. Dummerweise sind Sperber auch noch so
perfekt getarnt und verschmelzen geradezu bei Dunkelheit mit ihrer Umgebung.
Trotz Taschenlampen.
Sohn2 bekommt langsam aber sicher ein langes Gesicht. Charly
ist nämlich sein Huhn. Ich fange an zu erklären, dass so eine Henne notfalls
auch mal draußen schlafen kann und morgen ist sie bestimmt wieder da. Ich
scheine wenig überzeugend zu klingen, denn inzwischen zittert bereits seine
Unterlippe und seine Laune befindet sich am Null-Level. Ich überlege schon, wie
ich ihm ein neues Huhn schmackhaft machen kann. Als Neu-Besitzer, nicht als
Abendessen. Wir verabschieden uns von den Nachbarn, die auch geknickt über den
Verlust wirken und wollen durch den Carport gerade Richtung Eingangstür gehen,
als ich im Augenwinkel eine Bewegung neben meiner alten Diesel-Lady wahrnehme.
Da hockt das zweite total durchnässte Sperberviech! Überglücklich kann ich noch
gerade den Drang unterdrücken das nasse Vogeltier abzuknutschen und zu
knuddeln. Ebenfalls in den Stall gesetzt predige ich beiden: „Morgen bleibt ihr
zwei Doofen in der Voliere zur Strafe! Das habt Ihr nun davon!“ Sohn2 ist
ebenfalls wieder bester Laune und ich verspüre eine ganz kurze Enttäuschung
über die verpasste Chance ein (zwei, drei, fünf, acht….) neues Huhn kaufen zu
„müssen“. Zwinker!
Fazit: Wenn man zu faul ist, die Umzäunung vernünftig zu
machen, muss man halt seine Abendzeit im Gebüsch der Nachbarn verbringen. Oder
auf einer Geflügelausstellung mit Verkaufsmarkt….?
PS1: Mega konsequent wie ich bin, waren die Sperber-Blödis
am nächsten Tag genau 2 Minuten im Volieren Gefängnis. Weil sie da selber
dringend nach einem Wurm suchen mussten.
PS2: Den nächsten Tag bin ich mit enorm viel Café Patrouille
an diversen Fenstern gelaufen. Big sister is watching you, you Sperbervolk! Sie
blieben allerdings lieb und artig in ihrem Garten. Geht doch!
Einen schönen, ausbruchsfreien Tag wünsche ich Euch🐓!
Liebe Anja,
AntwortenLöschenhahahaha.... sehr amüsant zu lesen ;) Auch wenn es für dich weniger tolle ar da im nassen rum zu suchen.
Ich hoffe sie bleiben heute Artig, also eigentlich nicht nur heute *gg* Wobei, so eine Story les ich gerne noch mal.
Liebe grüsse
Alexandra
Guten Morgen, Alexandra,
Löschenoh, es sind nicht meine Hühner. Ich veröffentliche nur die Erlebnisse einer Bekannten, die auch Hühner hat. ABER, ja, so könnte es ab und zu bei meinen Hühnern auch abgehen :-D. Auf Facebook ist eine Seite, die heißt Doofnasen Family.