Freund: „Oh sind die süß! Bei Krokodilen ist das so, die
brauchen bis zu 31 Grad, dann werden das Weibchen und wenn das wärmer ist bis
zu 34 Grad, dann wird das ein Männchen im Ei…“
Sohn1: „Echt? Das ist ja cool! Männer sind halt heißere
Typen! Hihihihi….“
Freund: „Hihihihi! Das sowieso! Aber eigentlich sind wir ja
viel cooler…“
Sohn1: „Genau! Ich kann da an der Reckstange schon 21 Klimmzüge,
guck ma meine Muckis!“
Freund: „Altaaa krass….“
Ich verdrehe die Augen und mich gleich mit, nämlich auf dem
Absatz kehrt zurück zur Küche, um mir weitere Detailerklärungen über die
Vorzüge des männlichen Geschlechts bei 11-jährigen zu ersparen, und beschließe
mir einen Café zu machen. Die Aussage des Freundes von Sohn1 über die Krokodile
lässt mich allerdings nicht mehr los und ich kontrolliere seine Behauptung
gleich via Internet. Ich erinnere mich düster, irgendetwas in der Richtung in
meinem eigenen, Jahrzehnte zurück liegenden, meist verträumten Pubertätsdasein
in einer Biologiestunde gehört zu haben. Es stimmt, bei Krokodilen ist die
Bruttemperatur entscheidend für das spätere Geschlecht des Krokodils, weil
Krokodile keine Geschlechtschromosomen besitzen. Ich denke so darüber nach,
welch unfassbarer Vorteil das für die industrielle Hühnerzucht hätte. Kein
Küken Schreddern oder Vergasen mehr, weil man für die Eierproduktion ja nur die
weiblichen Vertreterinnen benötigt. Auch für die private Zucht würde es manchem
Züchter persönliches Leid ersparen, wenn er gezwungenermaßen seine Hähne
schlachten muss.
Samstagmorgen. Ich schlurfe verschlafen ins Wohnzimmer und
kontrolliere die Parameter an meinem Inkubator. Tag 20. Bislang verläuft alles
genau nach Anleitung, trotzdem muss ich immer nochmal gucken. Meine 10
Wunschbruteier waren ja allesamt nicht befruchtet. Aber sowas passiert halt,
ein paar Tage später hatte sich Emma entschlossen zu glucken und somit konnte
ich den Versuch mit 10 Bruteiern eines anderen Züchters mittels Naturbrut
wiederholen. In der Küche bereite ich das Frühstück vor, als Sohn1 an mir
vorbei zum Brüter ins Wohnzimmer dackelt.
Sohn1: „Mamaaaaaa??! Da sind schon zwei Eier angeknackst!“
Ich erstarre!! Wie konnte ich das übersehen! Verärgert gucke
ich meine Brille an und wasche als erstes die Gläser. Vermutlich sind die
Gläser wieder zu schwach. Schon wieder neue Gläser, was das wieder kostet! Ich
schüttele den Gedanken ab und gehe zu Sohn1 ins Wohnzimmer. Und tatsächlich,
zwei Eier sind angepickt und es piepst leise in dem Brüter. Sohn1 und ich sind
fasziniert und hocken gespannt beide vor dem Brüter. Ab da ist der Brüter keine
Sekunde mehr unbeobachtet. Irgendeiner aus der Familie sitzt stets davor und
bewacht das Geschehen. Alle hormongeschwängert! Anziehen wird überbewertet,
Gefrühstückt wird im Stehen und zwischendurch wird ausgeknobelt, wer mit dem
Hund raus gehen muss. Derjenige ist null begeistert, da er sich zusätzlich auch
noch anziehen muss. Ich mache sogar freiwillig die Wäsche auf dem Tisch neben
dem Brüter. Ein paar Stunden später geht es in einem Ei richtig zur Sache.
Innerhalb von 8 Minuten (das weiß ich so genau, weil wir das zufälligerweise
genau in dem Moment gefilmt haben!! Da ich aber zu doof zum Hochladen eines Videos
via meines Handys bin, müsst Ihr Euch mit Fotos begnügen) säbelt das Küken das
Ei rundherum ein und drückt es am Ende auf. Noch zweimal Gezucke, und – schwupp
– ist das erste Küken im Mühlrad des irdischen Lebens angekommen!
Insgesamt schlüpfen noch weitere 6 Küken. Zwei Eier sind
zwar halb aufgesägt, aber es passiert stundenlang nichts weiter. Beide Insassen
piepsen wie verrückt, bekommen es aber an dem Tag einfach nicht hin, ihr Ei
aufzudrücken. Am nächsten Abend beschließen wir die geschlüpften Küken in einen
Hasenstall umzusiedeln. Die beiden Nachzügler klemmen immer noch in ihren Eiern
und piepsen. Ich erkläre den Kindern, dass es sein kann, dass sie es nicht
schaffen.
Tochter2 entsetzt: „Nein Mama!! Wir müssen denen helfen!!
Das ist doch total fiiiies!“
Sohn2: „Genau! Dann sind wir ja Möörder!!“
Kindern zu erklären, dass eine Glucke höchstwahrscheinlich
auch nicht helfen würde, ist zwar sinnvoll, wabert aber im Fall von Tochter2
und Sohn2 unbeachtet in ein Ohr rein und zum anderen direkt wieder raus, ohne
überhaupt im cerebralen Kortex angekommen zu sein. Die Kinder werden immer
ungemütlicher mit ihrer Forderung nach Hilfe. Ich überlege hin und her. Die
meisten Küken sind geschlüpft und weg in ihrem neuen Küken Heim, drei Eier
offenbar abgestorben und das Ei von Schneewittchen liegt falsch herum und das
Küken scheint beim Schlupf ertrunken zu sein. Das Schnäbelchen guckt schon
heraus. Ja, auch das ist tragisch, aber in der Natur nun mal an der
Tagesordnung. Und nun sind da die beiden Schreihälse, die es aus unerklärlichen
Gründen nicht aus ihrem Ei schaffen übrig. Was tun? Was verlieren wir? Nichts.
Halt doch! Zwei Küken?
Wir bewaffnen uns zu dritt mit Sprühpistole, Pinzette,
feuchtwarmen Tüchern und sprechen die Handgriffe ab. Während der Befreiungsaktion
stellen wir fest, dass die Eihaut längst ausgetrocknet ist und die Küken
festkleben. Wir knacken lediglich die Schale oben an und beide schaffen es dann
doch alleine aus dem Ei. Am nächsten Tag leben erstaunlicherweise beide noch in
ihrem Brüter und sind die lautesten im Wohnzimmer. Echte Schreihals-Doofnasen,
das kann ja heiter werden, denke ich so bei mir. Auch sie ziehen zu den anderen
in den Kindergarten Stall und übrig bleibt ein unglaubliches Chaos im
„Kükenkreissaal“ Inkubator.
Nun rennt die nächste Doofnasen-Generation hier in seinem
eigenen Kindergarten Stall herum. Zwei Ayam Cemani Küken, zwei cremefarbene
Olivleger (aus weißen Araucaner x braunschwarzen Marans), drei schwarze
Olivleger (gleiche Kombination) und zwei Federfüssige Zwerge, Porzellanfarbig.
Die beiden Nachzügler sind immer sofort zu erkennen, da sie noch völlig
verklebt sind und auch immer zusammen auftauchen. Deswegen haben sie die Namen
„Pattex und Uhu“ bekommen! Die „Doofnasen 2.0“ sind geboren! The next
generation!
Fazit: Einen Schlupf am Brüter angucken zu können ist besser
als jedes Fernsehprogramm auf Erden. Die Faszination der Entstehung eines
Lebewesens und des Eintritts in die Welt sind einfach unglaublich faszinierend!
Und diese kleinen Flauschbällchen stehlen einem augenblicklich unbemerkt das
Herz!
PS1: Vor lauter „Geburtsbegleitung“ stellen wir irgendwann
fest, dass es schon 1.00h nachts ist!
PS2: Mein Café ist alle! Wie viele Becher Café habe ich
nochmal getrunken? An einem Tag?? Ich muss dringend auf Entzug!
PS3: Mit den „neuen Babys“ sind auch die längst in
Vergessenheit geratenen Instinkte wieder aufgetaucht:
Neugeborenen-Muttergefühle!
Einen verliebten Tag wünsche ich Euch❤️!
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